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Regionale Autonomie - Ergebnisbericht

Zwischen staatlicher Integrität und gesellschaftlicher Vielfalt: Regionale Autonomie als Lösungsansatz ethno-politischer Konflikte

Ergebnisbericht zum Kooperationsprojekt der Bertelsmann Stiftung und der Bertelsmann Forschungsgruppe Politik am Centrum für angewandte Politikforschung "Eigenverantwortung und Autonomie der Regionen"

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Bundeswehrsoldaten stabilisierten nach dem Abkommen von Dayton (1995) als Teil der IFOR-Truppe den beginnenden Friedensprozess in Bosnien-Herzegowina.


Vorwort: Handlungsbedarf

Während zwischenstaatliche Konflikte zunehmend friedlich ausgetragen werden, hat die Anzahl innerstaatlicher ethnopolitischer und nationaler Gewaltkonflikte seit den späten 60er Jahren bis Mitte der 90er Jahre deutlich zugenommen. In den Jahren 1992/93 erreichten sie mit (je nach Zählweise) 60-70 gewaltsam ausgetragenen Konflikten einen Höhepunkt, was maßgeblich auf das Machtvakuum im Zuge der Auflösung der Sowjetunion zurückzuführen ist. Gegen Ende der 90er Jahre hat sich die Zahl der innerstaatlichen Gewaltkonflikte auf etwa 30-40 eingependelt, wobei es sich mehrheitlich um Autonomie- und Sezessionskonflikte handelt. Auch wenn latente oder eskalierte Gewaltkonflikte in der Forschungsliteratur und im Engagement Internationaler Organisationen die größere Aufmerksamkeit erfahren, darf hier jedoch nicht übersehen werden, dass mehr als zwei Drittel aller Autonomiekonflikte auf friedlichem Wege ausgetragen werden. In der Tat konnte die überwiegende Zahl der ethnopolitischen bzw. nationalen Gewaltkonflikte der letzten Dekaden auf dem Verhandlungsweg einer friedlichen Lösung zugeführt werden, häufig verbunden mit regionalen Autonomieregelungen für die betroffenen Gruppen. Die Schaffung von autonomen Regionen auf der Grundlage von Friedensabkommen, Verfassungsänderungen und politischen Pakten (Autonomiestatuten) konnte gewaltsame Konflikte in institutionalisierte Formen der Machtteilung und des Interessenausgleichs transformieren, wenngleich die Verwirklichung von Autonomieregelungen stets lange Phasen der Implementierung und Konsolidierung in Anspruch genommen hat. Empirisch lässt sich beobachten, das gerade in der Implementierungsphase von Autonomielösungen die Gefahr des Rückfalls in gewaltsame Konflikte hoch ist.

Gleichzeitig gilt, dass entgegen der Annahme, regionale Autonomiebestrebungen würden im Zuge der Auflösung traditioneller Strukturen und zunehmender räumlicher und sozialer Mobilität an Bedeutung verlieren, Regionalisierungstendenzen seit den 70er Jahren eine anhaltende Renaissance erfahren. Regionen treten vermehrt als eigenständige politische Einheiten auf und artikulieren ihre Interessen und Ansprüche gegenüber zentralstaatlichen Regierungen, anderen Regionen des staatlichen Verbunds und zunehmend auch gegenüber supranationalen Organisationen.

Eine Vielzahl von Staaten steht damit vor der Herausforderung, unterschiedliche historisch gewachsene Identitäten in ein politisches Gemeinwesen zu integrieren. Hierbei haben Entwicklungen im Völkerrecht neue normative Grundlagen für den Umgang mit regionalen Autonomiebewegungen geschaffen. Dies wirkt sich auch auf die Praxis internationaler Organisationen aus, auf die Perspektiven externer Vermittlung und damit Einflussnahme von Drittparteien in Autonomiekonflikten. Der darin erkennbare Paradigmenwechsel im Verständnis des Aufbaus und der (homogenisierenden) Rolle von Staaten hat dazu beigetragen, dass zahlreiche Staaten regionale Autonomierechte in ihre Verfassungsordnung aufgenommen haben, entweder durch eine Föderalisierung (z.B. Belgien, Nigeria, Russland) oder durch die Gewährung spezieller Autonomierechte für historische Minderheiten bzw. Regionen (z.B. Moldawien, Papua Neu Guinea, Äthopien, Indonesien). Einzelne Verfassungen sehen die Möglichkeit regionaler Autonomierechte vor, ohne die spezifischen Regionen zu benennen (z.B. Spanien, Italien). Es muss an dieser Stelle jedoch auch erwähnt werden, dass zahlreiche Verfassungen regionale Autonomierechte, insbesondere die asymmetrische Gewährung von Kompetenzen explizit ausschließen bzw. stark beschränken und den unitarischen Charakter des Staates hervorheben (z.B. Frankreich, Rumänien, Türkei, Verbot ethnischer Parteien in Bulgarien). Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch das auf Druck der Europäischen Union und der OSZE im August 2001 zur Beendigung des albanisch-slawomazedonischen Konflikts geschlossene Abkommen von Ohrid, in dem es in Art. 1.2 klar heißt: "Ethnische Probleme können nicht territorial gelöst werden" Dennoch zeigen der zunehmende Bezug auf territoriale Lösungen im Völkerrecht und nationalen Verfassungsordnungen und ein neu erstarkender Regionalismus in allen Teilen der Welt, dass ein Großteil der innergesellschaftlichen Konflikte der Gegenwart eine regionale Dimension aufweist. Das Spektrum der Zielsetzungen regionaler Akteure reicht hierbei von eigenen Gestaltungsspielräumen in bestimmten Politikfeldern oder Formen der personalen Autonomie, einer größeren Teilhabe an den staatlichen Ressourcen, über eine stärkere Partizipation am gesamtstaatlichen politischen Entscheidungsprozess bis hin zur Sezession und eigenen Staatswerdung. Dieser Prozess kann von bereits bestehenden Institutionen ausgehen, oder neue Formen der Staatsgliederung hervorbringen.

Der vorliegende Ergebnisbericht bündelt die Ergebnisse des Projekts "Eigenverantwortung und Autonomie der Regionen", das die Bertelsmann-Stiftung in Kooperation und der Bertelsmann Forschungsgruppe Politik am Centrum für angewandte Politikforschung durchgeführt hat. Anliegen des Projekts war es, den aktuellen Bedeutungsgehalt sowie die Reichweite des Konzepts der regionalen Autonomie in multiethnischen Staaten auszuloten. Anknüpfend an eine Bestandsaufnahme unterschiedlicher Konzepte einer verantwortungsvollen Regierungsführung, die unter wirksamer Einbindung der regionalen und kulturellen Vielfalt die gesellschaftliche Integration innerhalb bestehender Staaten stärken, wurden Optionen für eine effiziente Umsetzung erarbeitet. Hierzu wurden mehrere Gutachten zu spezifischen Fragestellungen vergeben und zwei Experten-Workshops durchgeführt.

Im Einzelnen sind folgende Gutachteraufträge vergeben worden, deren Schlüsselergebnisse in das vorliegende Papier Eingang gefunden haben. Ruth Lapidoth hat in ihrer Studie Elements for Stable Regional Autonomy Arrangements systematisch die Optionen für die verfassungspolitische Ausgestaltung regionaler Autonomielösungen analysiert und zentrale Erfolgskriterien für deren Nachhaltigkeit identifiziert. Ulrich Schneckener hat in seinem Gutachten Schritte zur Autonomie - Leitfaden für externe Vermittlung Möglichkeiten der Mediation von bereits ausgebrochenen Autonomie- und Sezessionskonflikten aufgezeigt und ein Phasenmodell für die Konflikttransformation hin zu einem von allen Konfliktpartien getragenen Verhandlungskompromiss entworfen. Jens Woelk wurde damit beauftragt, die zeitliche Dimension von Autonomieprozessen zu untersuchen und hat in seinem Papier herausgearbeitet, dass Autonomielösungen nicht statisch sein können, sondern zu gewissen Zeitpunkten eine Neuorientierung erfordern. Ulrich Golüke hat in das Projekt ein Modell einer strukturierten Optionsanalyse für Autonomiekonflikte eingebracht, das für die Mediation fruchtbar gemacht werden kann und auf die Kosten-Nutzen-Kalküle der Konfliktparteien abzielt. Roland Sturm ist der Frage nach den Finanziellen Auswirkungen der Gewährung regionaler Rechte nachgegangen und hat sein Hauptaugenmerk auf Kriterien für die Optimierung der Balance in der Kompetenzverteilung zwischen der regionalen und gesamtstaatlichen Ebene gerichtet. Darüber hinaus wurden konkrete Fallstudien u.a. von Martin Brusis zu den Regionalisierungsprozessen in Mittel- und Osteuropa, so wie von Andreas Heinemann-Grüder zu den Entwicklungen in Russland und den anderen GUS-Staaten erarbeitet.

Zwar wurden Autonomielösungen innerhalb des Projekts "Eigenverantwortung und Autonomie der Regionen" primär im Zusammenhang mit ethnopolitischen Identitäts- und damit Loyalitätskonflikten zwischen regionaler und gesamtstaatlicher Ebene, zwischen Minderheiten und den 'Titularmehrheiten' von Nationalstaaten analysiert. Doch hat sich auch in diesen Fällen gezeigt, das die untersuchten Autonomieprozesse in enger Wechselwirkung mit der allgemeinen Gliederung des Aufbaus der betroffenen Staaten, deren internen intergouvernmentalen Beziehungen und der Zuordnung von Kompetenzen stehen. So lassen sich zahlreiche Beispiele anführen, in denen die Gewährung von regionaler Autonomie für eine oder mehrere nationale Minderheiten zu einer Regionalisierung des gesamten Staatsgebiets zumindest beigetragen haben. Umgekehrt scheinen Staaten, die über eine Tradition der vertikalen Machtteilung und regionalen Selbstverwaltung verfügen, besser gerüstet, nationale Minderheiten zu integrieren.

Dabei sind ethnische wie regionale Identitäten nicht als statisch bzw. als gegeben zu betrachten, sondern politisch wirksame Ordnungsmuster und Leitbilder, die von bestimmten Interessengruppen mit historisch wechselnden Anliegen und Zielen getragen werden. Regionen als Bezugspunkt politischer Mobilisierung werden geschaffen, können über die Zeit an Bedeutung gewinnen oder verlieren und unter bestimmten Umständen in der politischen Arena erneut verstärkt in Erscheinung treten. Es ist darum von zentraler Bedeutung, wer die Träger von Autonomiebestrebungen sind, welche Ziele sie verfolgen und in welchem gesamtstaatlichen Kontext sich Autonomieprozesse entfalten.


  Regionale Autonomie

Executive Summary

Ergebnisbericht

Workshop I:
Programm | Teilnehmerliste

Workshop II:
Programm | Teilnehmerliste

Gutachten & Thesenpapiere

 
           
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Aktualisiert am: 10.11.2003   Impressum | Design by [meteme.de]   Seite drucken | Seitenanfang