C·A·P Startseite  
 << zurück www.cap.lmu.de vor >> 
  C·A·P Übersicht  

C·A·P-Info-Newsletter

  CAP Homepage  

Suchen

 
Aktuell C·A·P Projekte Publikationen Interaktiv Kontakt
  English Version  
   
 
Hinweis: Dies ist eine Archivseite der alten C·A·P-Website.
Die neue Website des C·A·P finden Sie unter www.cap.lmu.de.
 
   
 


Allgemeine Zeitung Mainz, 24. August 2002

Kalter Charme der TV-Debatte

Von Karl-Rudolf Korte


Der Bundestagswahlkampf 2002 gehört zu den langweiligsten in der Geschichte der Republik. Es fehlt die ideenreiche inhaltliche Auseinandersetzung, die polarisierende Profilierung um Zukunftslösungen, der kantige Schlagabtausch von Persönlichkeiten. Der Wahlkampf schleppte sich bislang träge dahin, so dass sich die Medien bemüht sahen, eine Inszenierung zu erzwingen. Morgen ist es soweit. Wie beim Zweikampf im Ring treffen sich Schröder und Stoiber zum offenen Schlagabtausch. Erstmals in der Geschichte unserer Wahlkämpfe kommt es zum unmittelbaren Rededuell im Fernsehen zwischen dem Amtsinhaber und dem Herausforderer. Da wir Parteien und keinen Präsidenten wählen, fehlte bislang diese mediale Zuspitzung. So findet die überwiegende Mehrzahl der Wähler auf dem Stimmzettel weder den Namen Stoiber noch Schröder. Die sogenannten "Elefantenrunden" mit den Parteivorsitzenden aller Bundestagsparteien am Donnerstag vor der Bundestagswahl entsprachen in zurückliegenden Zeiten der Logik unseres Wahlsystems. Doch die zunehmende Präsidentialisierung - "Er oder ich?" - macht aus Bundeskanzlern in parlamentarischen Systemen immer häufiger Kanzlerpräsidenten, die Allparteien-Koalitionen schmieden müssen, um doppelte Mehrheiten - nicht nur die eigene - im Bundestag und Bundesrat tagessensibel zu gewinnen. Mit medial inszenierten Auftritten versuchen die Hauptakteure Stimmungen zu erzeugen, die wiederum Mehrheiten vorausgehen. Die Präsidentialisierung ist in unserer Kanzlerdemokratie nicht vorgesehen, doch sie schreitet weiter voran und gerade in Wahlzeiten, wie das Duell belegt.

Ob der Wettbewerb um unterschiedliche Zukunftsentwürfe durch das Fernsehduell spannungsreicher wird, kann bezweifelt werden. Die Kontrahenten haben sich schon zweimal im Vorfeld den Print-Medien zum Duell gestellt. Der Test diente dem wechselseitigen Warmlaufen. Die Fernsehsender bieten darüber hinaus- anders als noch in den 80er Jahren - fast täglich Talk-Shows mit Politainment, so dass auch deshalb die besondere Originalität dem Duell fehlen wird.

Wahlentscheidend können diese nach dem Beispiel der US-Präsidentenwahlen imitierten Treffen ohnehin nur sein, wenn sich ein Kandidat sehr grobe Fehlleistungen vor laufender Kamera erlaubt. Wählerwanderungen sind nach Sendeschluss ohne solche Schnitzer nicht zu erwarten. Im Zentrum der Wahlentscheidung steht für die Mehrheit der Wähler die unterstellte Problemlösungs-Kompetenz der Parteien und der Kandidaten. Sympathie- und Persönlichkeitswerte dramatisieren hingegen die Medien gerade auch durch solche Sendeformate. Sie entsprechen den medialen Regeln. Der kalte Charme von Bildschirm-Debatten hat sicher seinen Reiz, doch er mobilisiert nur begrenzt.


  W e b d o s s i e r

Bundestagswahlkampf 2002 
           
© 1998-2004 - Centrum für angewandte Politikforschung (C·A·P) - Ludwig-Maximilians-Universität München
Aktualisiert am: 05.12.2002   Impressum | Design by [meteme.de]   Seite drucken | Seitenanfang