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Deutsche Europapolitik - Optionen wirksamer Interessenvertretung
Mit der Realisierung der gemeinschaftlichen Institutionen und Politiken sowie der Ausdifferenzierung der politischen, ökonomischen und technologischen Herausforderungen seit den siebziger Jahren bildete sich jedoch ein Dilemma heraus: Die Komplexität der Integrationsprozesse traf in der Bundesrepublik auf ein bewußt föderal ausgestaltetes politisches System. Obwohl im Grundsatz stets integrationsfördernde Lösungen von Bonn aus propagiert wurden, offenbarten sich auf er operativen Ebene deutscher Europapolitik in zunehmender Weise Inkonsequenzen. Das oftmalige Fehlen von präzisen nationalen Positionsabstimmungen, Kompetenzrangeleien zwischen den Ressorts der Bundesregierung, ein wachsender Einfluß der Bundesländer und des Bundesverfassungsgerichtes sowie die weitgehende Absenz des Bundestages wurden in Wissenschaft und Publizistik immer wieder kritisiert. Vor dem Hintergrund der deutschen Einheit und der Intensivierung der europäischen Integration seit dem Vertrag von Maastricht haben sich diese Defizite gravierend verschärft. Darüber hinaus wurde unter veränderten internationalen Rahmenbedingungen in Politik, Öffentlichkeit und Wissenschaft vielfach die Frage nach der Kontinuität der deutschen Europapolitik - in bezug auf ihre Zielsetzungen, Strategien und Partnerkonstellationen - gestellt. Die Bertelsmann Wissenschaftsstiftung hat deshalb in enger Zuammenarbeit mit der Forschungsgruppe Europa am Centrum für angewandte Politikforschung (CAP) der Universität München das Projekt "Effektivierung deutscher Europapolitik" initiiert. In diesem Kontext entstanden die verschiedenen Studien dieses Sammelbandes, die in einem Querschnitt die deutsche Europapolitik der neunziger Jahre untersuchen und Handlungsoptionen für die deutsche Politik formulieren. Der Beitrag von Simon Bulmer, Charles Jeffery und William E. Paterson analysiert die Strategien und das operative Handeln der deutschen Integrationspolitik zwischen den Gipfeln von Maastricht und Amsterdam. Die britischen Autoren legen in dem verschiedene Analyseebenen (Institutionen, Entscheidungsprozesse, Beziehungen zu Partnern, Politikfelder) zusammenführenden Gutachten überzeugend dar, daß Identitätsfragen und institutionelle Entwicklungen für die deutsche Europapolitik eine besondere Rolle spielen. Die Bonner Europastrategien seien auch stets langfristig und mit Bezug auf die Interessen der Partner angelegt. Grundsätzliches Ziel sei es, vertraute, stabilitätsfördernde und den deutschen Interessen entgegenkommende Entscheidungsbedingungen auf europäischer Ebene zu schaffen. Georg Birgelen bestätigt durch seine aus der Nähe erfolgten
Beobachtungen in vielerlei Hinsicht die Thesen von Bulmer, Jeffery und
Paterson. Birgelen beschreibt die europapolitische Meinungsbildung in
der Bundesrepublik vor dem Gipfel von Amsterdam, der die EU fit für
die Währungsunion und die Ostwerweiterung machen sollte. Aus praxiserfahrener
Perspektive vermittelt er subtile Einsichten über deutsche Entscheidungsprozesse,
politsche Manöver in der Europapolitik und innenpolitische Notwendigkeiten. Wie sieht es mit der Überzeugungskraft deutscher Europapolitik
bei der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland aus? Die Autoren
der Forschungsgruppe Deutschland am CAP - Manuela Glaab, Jürgen Gros,
Karl-Rudolf Korte, Peter M. Wagner - weisen auf der Basis aktueller Umfragedaten
kritisch auf die Wertgrundlagen und Belasungsgrenzen der deutschen Europapolitik
hin. Der "Euro" wird ihrer Ansicht nach zum Ernstfall des europäischen
Engagements der Bürger. Während die Eliten fast ausnahmelos
für die gemeinsame Währung und ein stärker geeintes Europa
eintreten, öffnet sich zum Rest der Deutschen eine Kluft, die nachdenklich
stimmt. Nur durch die nachweisebare Leistungsfähigkeit der EU und
vor allem des Euro wird dieses Auseinanderdriften umzukehren sein. Die Diskussion zur Behebung binnenstaatlicher Defizite der deutschen
Europapolitik zu stimulieren ist schließlich die Zielsetzung des
Positionspapiers ( Das Positionspapier - als Substrat des Projektes - ist parallel zu diesem Sammelband im Verlag der Bertelsmann Stiftung erschienen und wurde gezielt an Entscheidungsträger und Multiplikatoren der deutschen Europapolitik vermittelt. Die Komplexität der Entscheidungsprozesse deutscher Europapolitik enthebt nicht von der Aufgabe, ständig über Verbesserungen nachzudenken, damit die Bürger ihre Interessen auf optimale Weise in dem sich weiterhin vertiefenden, erweiternden und differenzierenden politischen System der Europäischen Union vertreten sieht. Ansprechpartner |