P o s i t i o n
Bushs Sieg
Analyse zur Wahl zum US-Kongress
Von Nicole Schley,
Projektleitung Transatlantische Beziehungen
Centrum für angewandte Politikforschung - 06. November 2002
Am ersten Dienstag im November wurde in den USA der Kongress gewählt.
In diesem Jahr standen alle 435 Abgeordneten des Repräsentantenhaus
sowie ein Drittel des Senats, genauer 34 der insgesamt 100 Senatoren,
zur Wahl. Darüber hinaus wurden in zwei Drittel (36) der 50 US-Bundesstaaten
die Gouverneure gewählt.
In der Regel verliert bei diesen Midterm Elections, die immer zwei Jahre
nach Beginn der Amtszeit der Regierung stattfinden, die Partei, die im
Weißen Haus sitzt. Mit dieser "Tradition" möchte
natürlich jede Regierung gerne brechen. So hatte der Wahlkampf in
diesem Jahr einen ungewöhnlich großen Umfang angenommen, denn
es ging um einiges: Für die oppositionellen Demokraten ging es in
erster Linie um den Senat: Dort hatten die Demokraten eine Stimme Mehrheit,
die sie erhalten oder besser noch ausbauen wollten. Auch die Republikaner
haben sich stark im Wahlkampf engagiert, sogar Präsident Bush hat
keine Mühen gescheut, die jeweiligen republikanischen Kandidaten
mit allen Kräften zu unterstützen. Zwölf Bundesstaaten
an einem Tag abzuklappern war für Bush scheinbar kein Problem. Er
hat damit sein Möglichstes getan, den Wahlkampf zu personalisieren.
Und das Wahlergebnis sollte ihm Recht geben.
Der Ausgang der US-Zwischenwahl 2002
Das amtliche Endergebnis steht derzeit noch aus, doch man kann jetzt
schon sicher sagen, dass die Republikaner und George W. Bush diese Wahl
gewonnen haben.
1. Die Mehrheit der Sitze im Repräsentantenhaus konnte nicht nur
gehalten, sondern noch ausgebaut werden. Im Gegensatz zu den Mehrheitsverhältnissen
im letzten Repräsentantenhaus (Republikaner 223, Demokraten 210)
konnten die Republikaner mindestens 226 der insgesamt 435 Stimmen auf
sich vereinigen.
2. Die Mehrheit im Senat liegt jetzt wieder bei den Republikanern (mit
wahrscheinlich 51 Senatoren), nachdem sie im Juni 2001 mit dem Austritt
des Senators für Vermont, James M. Jeffords, aus der Republikanischen
Partei an die Demokratische Partei übergegangen war.
Damit kontrolliert die Republikanische Partei für die nächsten
beiden Jahre das Weiße Haus und den Kongress.
Was bedeutet dieser Wahlausgang nun für die Amerikanische Nation?
1. Er drückt die uneingeschränkte Solidarität der Bevölkerung
mit Bush (a) im Kampf gegen den Terrorismus und (b) ganz eindeutig auch
im hegemonialen Marsch auf die Welt aus. Damit ist das Wahlergebnis eine
Bestätigung des Führungsstils Präsident Bushs. Bushs uneingeschränkte
Medienpräsenz durch die aktuelle globale Tagespolitik hat ihr übriges
im Wahlkampf geleistet.
2. Es wird ohne die von Bush immer wieder kritisierte "demokratische
Opposition" eine fundamentale Veränderung in der Politikgestaltung
zu erwarten sein, quasi ein Befreiungsschlag für Bush - nachdem nun
mit zwei Jahren Verspätung offensichtlich der Beweis für die
Legitimität seiner Präsidentschaft erbracht ist, was im Jahr
2000 in den Augen vieler durch die "Präsidentschaft per Gerichtsurteil"
nicht der Fall war. Der Bevölkerung scheint die Pattsituation und
die "demokratische Bremse" ebenfalls nicht gefallen zu haben;
sie wünscht sich einen klaren Kurs in Innen- und Außenpolitik.
3. Neben mehr politischer Gestaltungsmöglichkeiten in der Innenpolitik
kann Bush nun auch - gestärkt durch die tatsächliche Mehrheit
der Bevölkerung - seinen außenpolitischen Kurs vollends durchsetzen.
Auch wenn Bush es in der wichtigen Frage der Irak-Resolution des US-Kongresses
letzten Ende doch geschafft hatte, durch Überzeugung einiger Schlüsselsenatoren
den demokratischen Senat auf seine Seite zu ziehen, so bedeuten Verhandlungen
dieser Art doch stets einen immensen finanziellen und zeitlichen Aufwand.
Aus europäischer Perspektive interessiert nun eines ganz besonders:
Was bedeutet der Wahlausgang für die Außenpolitik der USA?
1. Es ist zu erwarten, dass Bush seinen harten außenpolitischen
Kurs, den er unter dem Stichwort "Kampf gegen den Terrorismus"
eingeleitet hat, nun nicht nur fortsetzen, sondern auch noch verschärfen
wird. Ein Militärschlag gegen den Irak wird jetzt höchstwahrscheinlich
nur noch eine Frage des richtigen Zeitpunkts sein. In jedem Fall werden
Ton und das Verhalten gegenüber dem Irak aggressiver sein.
2. Weiter wird die Bestätigung des außenpolitischen Kurses
Bushs durch die Bevölkerung eine weitere Distanzierung vom Partner
Europäische Union nach sich ziehen: weniger Kooperation mit einem
Partner, der nicht leisten und bereitstellen kann, was die Vereinigten
Staaten dringend brauchen.
3. Die Regierung Bush wird sich mehr auf globale Kooperationen konzentrieren,
mit Staaten, die bei der Verfolgung amerikanischer Interessen in gleich
welcher Region der Welt von Nutzen sein können.
4. Die Kooperation mit Staaten der Dritten Welt wird sichtbar geringeren
Umfang haben, da der Beitrag dieser Staaten im Kampf gegen den Terrorismus
auf den ersten Blick eher gering scheint.
5. Die weiterhin sinkende Bereitschaft der USA, einen wesentlichen Beitrag
im Sinne der globalen Klimapolitik zu leisten, werden eine Verschlimmerung
der globalen Erwärmung bedeuten.
Diese Zwischenwahl 2002 war geprägt vom Kampf gegen den Terrorismus,
von der Irak-Problematik und von den Sorgen der amerikanischen Bürger
um die nationale Sicherheit geprägt. Ob man von dem Ergebnis gleich
die Wiederwahl Bushs in den nächsten Präsidentschaftswahlen
ableiten kann, bleibt abzuwarten. Eine Wiederwahl liegt jedoch durchaus
im Bereich des Möglichen - sofern das Abenteuer Irak von Erfolg gekrönt
wird.
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