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P o s i t i o n

Stärkung außenpolitischer Kohärenz und Handlungsfähigkeit

Von Janis A. Emmanouilidis und Franco Algieri - 16. Mai 2002


Die Europäische Union zählt zu den wenigen Stabilitäts-produzenten in einer Welt des Übergangs. Die gemeinsame Währung, der große Binnenmarkt und die Ausstrahlung des Integrationsmodells machen die EU bereits zu einem wichtigen Faktor der Weltpolitik. Dennoch bleibt die EU hinter den Ansprüchen der Bürger sowie den Erwartungen Dritter zurück. Der im Unionsvertrag geforderten Kohärenz aller von der EU ergriffenen außenpolitischen Maßnahmen im Rahmen ihrer Außen-, Sicherheits-, Wirtschafts- und Entwicklungspolitik wird die EU bislang nicht gerecht. Die Zersplitterung der außenwirtschaftlichen und außen-politischen Vertretung europäischer Interessen ist zunehmend anachronistisch. Erkennbare Defizite beginnen bereits bei der Auffächerung der Zuständigkeiten innerhalb der Europäischen Kommission, setzen sich fort in einem ständig wechselnden Ratsvorsitz, in der nicht optimalen Stellung des Generalsekretärs des Rates beim Krisen-management, der Konkurrenzlage von verschiedenen Koordinationsgremien der Mitgliedstaaten und reichen bis zur Abgrenzung der Arbeitsteilung zwischen der europäischen Ebene und der Politik der Mitgliedstaaten. Eine Stärkung der Kohärenz und Handlungsfähigkeit der EU als umfassender, internationaler Sicherheitsakteur erfordert die Umsetzung eines weit reichenden Maßnahmenbündels:

1. Überwindung der anachronistischen Pfeilerstruktur

Die Umsetzung eines umfassenden Sicherheits-verständnisses in konkrete Politik, die Verzahnung von äußerer und innerer Sicherheit sowie der effektive Einsatz aller vorhandenen Ressourcen erfordern weitere Schritte in Richtung einer Integration der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) in den institutionellen Rahmen der Gemeinschaft. Die Trennung in gemeinschaftliche und intergouvernementale Politikbereiche ist in weiten Teilen nicht länger aufrechtzuerhalten. Das Spektrum außen-politischer Handlungsmöglichkeiten, inklusive der Außen-handelsbeziehungen, sollte zu einer kohärenten Gemeinschaftspolitik gebündelt werden, damit die Ressourcen des Rates und der Kommission sowie die Beratungs- und Entscheidungsinstanzen der Mitgliedstaaten besser ineinander greifen können.

2. Kommission als Koordinator der nicht-militärischen EU-Außenpolitik

In einer Zeit in der die Grenzen zwischen äußerer und innerer Sicherheit verschwimmen und die Kohärenz militärischer und ziviler Maßnahmen an Bedeutung gewinnt, wird eine unabhängige und auf das europäische Gesamt-interesse ausgerichtete Kommission zusehends das Scharnier zwischen den Pfeilern und Politiken. Ihr kommt eine Schlüsselrolle zu, wenn es darum geht, die großen sicherheitspolitischen Zielsetzungen mit der Verwirklichung eines gemeinsamen Vorgehens im innenpolitischen Bereich zu verknüpfen. Soll das gesamte Potential außenpolitischer Handlungsmöglichkeiten der EU genutzt werden, muss der Kommission auch im Bereich der GASP eine stärkere Rolle zugeordnet werden.

3. Personalunion des Hohen Vertreters und des Außenkommissars

Rotierende Präsidentschaften sind in einer sich vergrößernden EU nicht geeignet, der Union ein außen-politisches Profil zu geben. Im Krisenfall ist dieses System der Außenvertretung gänzlich ungeeignet. Ein kontinuierlich wirkender Akteur, der sich der Unterstützung der Mitglied-staaten und der Kommission sicher sein kann, muss für Drittstaaten erkennbar sein. In diesem Sinne sollten die Funktionen des Hohen Vertreters für die GASP und des für die Außenbeziehungen verantwortlichen Kommissars in einer mit einem Initiativrecht ausgestatteten Person zusammen-geführt werden. Die aus der Personalunion resultierende institutionelle Verbindung zwischen Rat und Kommission stärkt die Kohärenz der verschiedenen Elemente der EU-Außenpolitik und verleiht der Union eine effiziente und koordinierte Außenvertretung.

4. Reform des Rates

Der Allgemeine Rat sollte sich zunehmend auf seine Koordinierungs- und Legislativ-funktion konzentrieren. Hierzu bedarf es seiner Entlastung vor allem in Fragen der GASP, die nicht länger im Allgemeinen Rat, sondern in einer gesonderten Zusammensetzung des Rates behandelt werden sollten. Mit Blick auf die militärische Dimension europäischer Sicherheitspolitik bedarf es einer klaren Kompetenzzuweisung für einen Rat der Verteidigungs-minister in Abgrenzung zum Verantwortungsbereich der Außenminister. Der Vorsitz im Rat könnte einer Wahl-präsidentschaft aus dem Kreis der Mitgliedstaaten unter Einbeziehung von Vizepräsidenten übertragen werden.

5. Übergang zur Mehrheitsentscheidung bei Fragen ohne militärischen Bezug

Zur Stärkung der erweiterten EU als außen- und sicherheitspolitischer Akteur bedarf es effizienterer Methoden der Entscheidungsfindung. Über die bisherige Möglichkeit der ‚konstruktiven Enthaltung’ hinaus, sollten Entscheidungen ohne militärischen Bezug im Rat künftig auf der Grundlage einer qualifizierten Mehrheit beschlossen werden. Dabei sollte über die Möglichkeit von opt-out Klauseln für die EU-Mitglieder nachgedacht werden, die einer bestimmten EU-Außenpolitik nicht zustimmen können.

6. Stärkere Einbindung des EP in alle nicht-militärische Aspekte

Die Legitimationsfrage ist von zentraler Bedeutung für die Akzeptanz der GASP in der Bevölkerung. Im Sinne einer doppelten Legitimation und als Ergänzung zur primären Rolle der nationalen Parlamente ist es nötig, die Kompetenzen des Europaparlaments in Bezug auf alle nicht-militärischen Fragen zu stärken. Die Beteiligung des EP sollte bis hin zum Mitentscheidungsrecht bei nicht-militärischen Fragen der GASP ausgeweitet werden.

7. Reform der Entscheidungs- und Koordinationsverfahren im militärischen Bereich

Der Einsatz militärischer Mittel im Rahmen der intergouvernemental ausgerichteten ESVP, bedarf einer Reform der Entscheidungs- und Koordinationsverfahren. Sollen militärische ad hoc Koalitionen außerhalb des Vertragsrahmens vermieden werden, müssen überarbeitete oder neue Verfahren bzw. Strukturen die Abstimmungs-effizienz der kooperationswilligen und -fähigen Staaten gewährleisten, ohne dabei jedoch die Interessen der anderen EU-Mitglieder unberücksichtigt zu lassen. Als mögliche Verfahren einer derart verstandenen „geregelten Flexibilität“ bieten sich an:

  • i) Eine Ausweitung des Instruments der verstärkten Zusammenarbeit auf Fragen mit militärischen und verteidigungspolitischen Bezügen. Die verstärkte Zusammenarbeit ist bereits in der Entscheidungsphase anzuwenden und darf sich nicht lediglich auf die Durchführung einer gemeinsamen Aktion beschränken.

  • ii) Die Etablierung eines „Europäischen Sicherheitsrats“, der verantwortlich ist für die Durchführung einer konkreten militärischen Aktion, die von allen Mitglied-staaten im Rat grundsätzlich gebilligt wurde. Die Staaten, die einen substantiellen militärischen Beitrag leisten, werden im Sicherheitsrat mit einem Vetorecht ausgestattet. Die übrigen EU-Mitglieder könnten auf der Grundlage eines Rotationsprinzips im Sicherheitsrat vertreten sein.

8. Gesamtstrategie europäischer Außenpolitik

Angesichts der Erfahrungen auf dem Balkan, der an-stehenden Erweiterung, der neuen Risiken des Terrorismus und der Anforderungen an weltweite Friedens-politik sind die Konzepte und Strukturen europäischer Sicherheits- und Verteidigungspolitik anzupassen. Die Weiterentwicklung einer gemeinsamen außenpolitischen Kultur bedarf einer Festlegung der geostrategischen Ausrichtung europäischer Außenpolitik. Die EU muss ihre gemeinsamen Interessen klar definieren, die geographische Reichweite ihrer Politik bestimmen, Einvernehmen über die notwendige Legitimationsgrundlage für den Einsatz militärischer Mittel erzielen und die erforderlichen Fähigkeiten und Ressourcen gemeinsam bestimmen und entsprechend bündeln. Ein strategischer Fokus der europäischen Politik bedeutet auch, die verschiedenen Handlungsfelder – Wirtschaft und Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit sowie innere und äußere Sicherheitsaspekte - als Elemente einer nachhaltigen Gesamtstrategie zu denken sowie abgestimmt und arbeitsteilig einsetzen zu können.

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