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P o s i t i o n

Bushs Neubestimmung der transatlantischen Beziehungen

Dem Nato-Gipfel zum Trotz: Europa steht nicht mehr im Mittelpunkt der amerikanischen Sicherheitspolitik.

Von Wolfgang Bücherl - 28. Mai 2002 - English Version


Ob in Deutschland oder in Russland, in Frankreich oder in Italien: Wo immer George W. Bush auf seiner Reise halt macht wird eines klar: Zwischen Amerika und Europa nichts mehr wie es einmal war. Zwar wurde die Liste transatlantischer Interessenskonflikte schon in den neunziger Jahren unter Clinton eröffnet - man denke nur an die sich schon über Jahre hinziehenden Handelsstreitigkeiten - doch der 11. September 2001 hat vor allem in der Sicherheitspolitik grundlegende Veränderungen hervorgebracht. Der schon im Bosnien- und im Kosovokrieg bröckelnde, letztlich aber nochmals bestätigte Grundsatz, wonach die Sicherheit Europas selbstverständlich mit der Amerikas verbunden sei, hat inzwischen endgültig an Verbindlichkeit verloren.

Der 11. September hat die Amerikaner auf sich selbst zurückgeworfen. Ihnen wurde auf schmerzliche Weise vor Augen geführt, dass sie nicht auf einer Insel der Sicheren und Seeligen leben, sondern dass sie genau so verwundbar sein können wie alle anderen Völker der Erde. Diese Erkenntnis hat dazu geführt, dass der "wohlwollende Hegemon" heute seine Sicherheitsinteressen enger, d.h. stärker an nationalen Prioritäten ausgerichtet definiert. War es vor dem 11. September eine von vielen Aufgaben der US-Regierung, die eigene Bevölkerung vor Massen-vernichtungswaffen und Terroristen zu schützen, so ist dies heute zur ersten Priorität avanciert.

Anders als die Staaten Europas können es sich die Amerikaner aufgrund ihrer militärischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und ihrer politischen Vormachtstellung leisten, dieses Interesse weltweit auch im Alleingang zu verfolgen. Bündnisse dienen dabei mehr der Absicherung eigener Aktivität als der Entwicklung einer Strategie gemeinsamen Handelns. Die Europäer klagen deshalb über amerikanischen Unilateralismus. Die amerikanische Regierung spricht hingegen von einer effektiven Strategie zum Erreichen ihrer Ziele.

Das alles ist nicht grundsätzlich neu. Schon seit Jahr-zehnten kennen wir in den transatlantischen Beziehungen eine Neigung der USA immer dann unilateral zu handeln, wenn zwischen Washington und den europäischen Haupt-städten grundlegend unterschiedliche Interessen vor-herrschten. Doch seit dem 11. September haben diese Differenzen - allen Solidaritäts- und Beistandsbekundungen zum Trotz - eine neue Qualität erhalten: Das Fundament der transatlantischen Beziehungen hat sich geändert, denn die Sicherheit Europas ist nicht mehr selbstverständlich mit der Amerikas verbunden. Die Amerikaner haben mit dem 11. September eine neuartige Bedrohung erfahren, welche die Europäer - zumindest bislang - nur schwer nachvollziehen können. Diese Erfahrung unterscheidet auch die Kritiker Bushs hierzulande von seinen Gegnern in Amerika: Die Über-zeugung, dass Amerika angegriffen wurde und es deshalb ein Recht habe, sich zur Wehr zu setzen, eint die Amerikaner, auch wenn nicht alle die Mittel und die Rhetorik Bushs teilen. In diesem Sinne war die Reise Bushs auch ein Versuch, nicht nur für seine Politik zu werben, sondern auch den Europäern Amerikas neue Befindlichkeit nahe zu bringen.

Als neue Grundlage der transatlantischen Beziehungen hat Bush in Berlin den Europäern eine zutiefst amerikanische Vision, die 'Verteidigung der Zivilisation' angeboten. Es soll also nicht mehr um Frieden in Europa, sondern um die Verteidigung westlicher Werte gehen. In diesem Sinne ist die Gründung des Nato-Russland-Rates ein Schritt, um Russland so weit wie möglich in diese Vision einzubinden. Auch die von Bush befürwortete Erweiterung der Nato, welche nach amerikanischen Vorstellungen bis zum Ende des Jahres bis zu sieben Neumitglieder umfassen soll und die Organisation weiter nach Osten und Südosten ausdehnen würde, ist Teil dieser Vision. Die Nato würde nach diesen Vorstellungen ein System kollektiver Sicherheit - sprich ein primär politisches Bündnis - das die USA im globalen Anti-Terror-Einsatz unterstützen soll.

Inwieweit das Ziel der Verteidigung der Zivilisation als neue Grundlage transatlantischer Zusammenarbeit trägt, wird nicht so sehr vom Konsens über die Werte selbst abhängig sein, denn diese werden auch in Europa geteilt. Vielmehr wird die Frage sein, ob Europäer und Amerikaner in der Lage sein werden, auf der Grundlage gemeinsamer Werte Instrumente und Strategien für koordiniertes Handeln zu entwickeln, sei dies nun innerhalb oder außerhalb der Nato. Dass solch koordiniertes Handeln - schon allein aufgrund innereuropäischer Meinungsverschiedenheiten - immer noch kompliziert ist, könnte die Konstante in den transatlantischen Beziehungen bleiben.

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Aktualisiert am: 05.12.2002   Impressum | Design by [meteme.de]   Seite drucken | Seitenanfang