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P o s i t i o n

Washington lässt sich bitten

Von Wolfgang Bücherl - November 2001


Nun also doch: Auch Berlin darf jetzt Washington im Kampf gegen den Terrorismus mit Soldaten unterstützen. Folgt daraus ein neues Selbstverständnis Deutschlands? Wahrscheinlich. Aber was ist mit der Europäischen Union? War da nicht einmal eine Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik, welche, geboren aus den Wehen des Kosovo-Kriegs, die Union auch zum militärischen Partner der USA machen sollte?

Seit dem 11. September haben sich die Vorzeichen geändert. Es geht nicht mehr darum, Waffen in Mazedonien einzusammeln, sondern Terroristen weltweit zu bekämpfen. Amerika wurde angegriffen, in seinem Selbstverständnis getroffen, und sieht sich in seinen ureigensten Interessen bedroht. Und Amerika schlägt zurück und will sich darin von niemandem hineinreden lassen.

Amerikas Ego

Die Bündnispolitik der Vereinigten Staaten seit den Attacken vom 11. September zeigt, dass sie die Europäer nur soweit an seinem Feldzug gegen den Terror teilhaben lassen, wie es für die Stabilität ihrer Anti-Terror-Koalition erforderlich scheint. Selbst die Beteiligung der Briten an den Luftschlägen gegen Afghanistan ist eher ein Zugeständnis an die traditionelle Waffenbruderschaft, als dass sie militär-strategischen Erfordernissen entspricht.

Die Amerikaner reagierten zwar mit Dankbarkeit auf die Ausrufung des Bündnisfalles am 12. September durch den Nato-Rat, sie schwiegen jedoch lange zu den Fragen der Europäer, welcher Beistand nun konkret gewünscht sei. Washington erschien es wichtiger, zunächst eine Koalition gegen die Taliban mit Staaten im arabischen und zentralasiatischen Raum zu schmieden. Auch nach der endgültigen Feststellung des Bündnisfalls am 2. Oktober kamen aus Washington weiterhin Bekundungen der Dankbarkeit. Zunächst sollten die Europäer vor allem dazu beitragen, Staaten wie Pakistan die Entscheidung für Amerika durch Hilfszusagen zu versüßen. Erst als die Bekundungen uneingeschränkter Solidarität in Penetration auszuarten drohten, legte Bush eine Wunschliste für europäische Beistandsmaßnahmen vor. Sie umfasste aber zunächst nur den Schutz amerikanischer Einrichtungen, die Unterstützung bei der Luftraumüberwachung in Nordamerika und die Bereitstellung von Stützpunkten für amerikanische Operationen.

Wenn nun heute Deutsche, Italiener und Franzosen Panzer, Schiffe und Soldaten bereitstellen sollen, um sie irgendwann einmal irgendwo einzusetzen, dann entspringt dies primär dem Kalkül der Amerikaner, die Verbündeten bei der Stange zu halten. Sicher, der Krieg gegen den Terrorismus verspricht ein langer zu werden, weswegen europäische Unterstützung - und sei sie nur logistischer Art - irgendwann einmal notwendig werden könnte. Für die neueste Anfrage aus Washington war jedoch die Erkenntnis maßgeblich, dass Amerikas globale Anti-Terror-Koalition nur dann dauerhaft stabil bleibt, wenn sich Franzosen, Deutsche oder Italiener nicht im sicheren Hafen befinden, sondern mit den Amerikanern im selben Boot sitzen. Je länger sich der Krieg in Afghanistan hinzieht, um so größer wird die Gefahr, dass die ohnehin schon kritische öffentliche Meinung in einigen Ländern Europas vollends kippt. Mittlerweile sollen schon über zwei Drittel der Deutschen eine Feuerpause in Afghanistan befürworten.

Europas Manko

Wenn jetzt auch die Festlands-Europäer zusammen mit den Amerikanern in den Krieg ziehen, dann tun sie das gemäß den Vorgaben und Interessen Washingtons. Wie sollte es auch anders sein, wenn Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Europa nach wie vor nationalen Eitelkeiten gehorchen? Solange die Briten stets als erste in Washington Gewehr bei Fuß stehen, Deutschland die Amerikaner für seinen außenpolitischen Emanzipationsprozess braucht, und Frankreich Europa als verlängerten Arm seiner nationalen Sicherheitspolitik begreift, brauchen sich die Amerikaner nicht um gemeinsame europäische Positionen zu scheren. Ganz zu schweigen davon, dass die EU-Staaten außer einem "Headline Goal", dessen termingerechte Umsetzung neuerdings in Frage steht, und einer Handvoll neuer Institutionen in Brüssel bisher nicht viel an Gemeinsamkeit in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu bieten haben.

Einen Antrieb für die Entwicklung der außenpolitische Identität der EU könnte der Feldzug gegen den Terror jedoch mit sich bringen. Washington wird sich womöglich noch mehr als bisher auf seine globalen Interessen konzentrieren und in Europa der EU das Feld überlassen. Die gegenwärtige "Operation Amber Fox" in Mazedonien, an der die USA nicht teilnehmen, bietet einen Vorgeschmack. Die zukünftige Herausforderung für eine Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik wird sein, auf dem eigenen Kontinent für Sicherheit und Stabilität zu sorgen.

Der Kommentar erschien in der Europäischen Zeitung 11/2001.


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Aktualisiert am: 05.12.2002   Impressum | Design by [meteme.de]   Seite drucken | Seitenanfang