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N e w s & E v e n t s Va male - schlecht geht's!Im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Va bene - Europa verstehen: Italien" der Bundeszentrale für politische Bildung hat das Centrum für angewandte Politikforschung zum europapolitischen Strategiedialog eingeladen. Politiker, Journalisten und Wissenschaftler aus Deutschland und Italien tauschten gemeinsame und unterschiedliche Positionen zur Zukunft Europas aus. 20.07.2004 - C·A·P
Befund: Pessimistisch in die ZukunftDer Befund der zwei Paneldiskussionen lautet: Unter der Prämisse der deutsch-italienischen Beziehungen steht es schlecht um Europas Zukunft. Obwohl die Regierungen in Bonn/Berlin und Rom in der Vergangenheit der europäischen Integration Grundsteine für politische Erfolge legen konnten, hindern zwei Umstände die europäischen Partner an einer weiteren Konsolidierung des europäischen Einigungsprojekts:
Deutschland und Italien in der großen Union: Interessen - Konflikte - PerspektivenDie europapolitische Agenda der nächsten Jahre ist klar umrissen:
Welchen Beitrag können Deutschland und Italien zur Lösung dieser Fragen liefern? Könnten Berlin und Rom in Zukunft eine ähnliche große Dynamik in ihrer Zusammenarbeit entwickeln wie Paris und Berlin?
Cerutti stellte für die praktische Politik fest, dass sowohl die italienische als auch die deutsche Regierung geschwächt sei. Die Europafeindlichkeit des Koalitionspartners Lega Nord sei ein Grund für die Unmöglichkeit europapolitischer Initiativen auf der Seite Roms, während die nationale oder besser binationale (mit Frankreich) Orientierung Berlins ebenso den Aufbau einer sicherheitspolitischen Alternative zu den USA verhindere. Bis zu den Wahlen in beiden Ländern im Jahr 2006 seien keine größeren europapolitischen Initiativen zu erwarten. Josef Janning, stellvertretender Direktor des C·A·P, stellte angesichts des Veranstaltungsmottos "Va bene" klar, er könne sich diese Melancholie nicht leisten: "Wir führen Klage auf einem hohen Niveau." Die europäische Integration habe sich bewährt und die Mitgliedsländer seien sich dessen bewusst. Luxemburg, Malta oder Finnland brächten es nicht zu irgendeiner internationalen Bedeutung ohne das gemeinschaftliche Handeln. Die Unterschiedlichkeit der europäischen Alltagskulturen werde durch die Gemeinschaftsbildung am Leben gehalten: "Wir wären weniger verschieden, wenn es den europäischen Rahmen nicht gäbe, weil wir es uns dann nicht leisten könnten, so verschieden zu sein."
Von diesem letzten Punkt sei schließlich die Zukunft Europas ganz entscheidend abhängig: Wie viele Länder befänden sich aktuell im Zentrum der europäischen Integration und wie viele wollten nur am Rande stehen? Es müsse Aufgabe der europapolitischen Strategen sein, die neuen Mitgliedstaaten in das Zentrum zu ziehen, so, wie beispielsweise die "Randsteher" der alten EU-15 mittlerweile auch im Zentrum der Integration angelangt seien. Die Außen- und Sicherheitspolitik der EU: Deutschland und Italien in einem veränderten sicherheitspolitischen UmfeldFranco Algieri, Mitautor der Studie "A European Defence Strategy", stellte fest, Italien und Deutschland hätten eine ungefähr identische Konfliktlandkarte der Welt. Lediglich die feingeographisch unterschiedliche Lage beider Länder produziere Besonderheiten. So stünde Italien im Mittelmeerraum vor einer besonderen Sicherheitslage, während Deutschland nach langen Jahren als Frontstaat seit der EU-Erweiterung auch die Qualität der Randlage verloren habe. Für die Zukunft einer Erfolg versprechenden europäischen Sicherheitspolitik setzt Algieri ein "Trirectoire" aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien voraus. Die EU sei seit der Existenz der Europäischen Sicherheitsstrategie bestimmt keine Zivilmacht mehr, sondern müsse in die Lage versetzt werden, global militärisch aktiv zu werden. In dieser Konstellation habe Deutschland essentielle Bedeutung:
Für Italien sah Algieri die Gefahr der sicherheitspolitischen Marginalisierung: Der Mangel an Initiative in der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik und die Anbindung an die Vereinigten Staaten habe dazu geführt, dass Rom in einer sicherheitspolitischen Grube sitze, aus der es nicht mehr aus eigener Kraft herauskomme.
Gianni Bonvicini, Direktor des Istituto Affari Internazionali in Rom, beurteilte
sowohl die Rolle Italiens in der europäischen Einigung als auch das Verhältnis
zwischen Rom und Bonn/Berlin als sehr gut. Voraussetzung dafür sei immer das Funktionieren
der deutsch-französischen Achse gewesen. Heute habe sich die Lage verändert.
In Italien sei es schwieriger, die traditionelle Europapolitik weiterzuführen.
Der deutsch-französische Unilateralismus - aus der EU-Binnenperspektive betrachtet
- während der Irak-Krise habe das europapolitische Vertrauensverhältnis weitgehend
zerstört und das Potential für neue Initiativen konsumiert.
Auch in der Verteidigungsindustrie zeige sich eine Teilung Europas: So arbeiteten verstärkt italienische Unternehmen mit britischen und eben deutsche mit französischen Unternehmern zusammen. Dies alles lasse sich nicht anders interpretieren, als dass der klassische "Integrationskern Europas zerbrochen" sei. Die Lage stelle sich entsprechend dar:
Christian Wernicke, Brüssel-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, teilte die Auffassung, dass der 11.9.2001 ein Beschleuniger weltpolitischer Entwicklungen gewesen sei. Allerdings seien Deutschland und Italien keine strategischen Spieler in der Internationalen Politik, da beide Länder weder das entsprechende militärische noch politische Potential hätten. Die Irak-Krise selber sei auch nicht als das Scheitern der europäischen Außenpolitik zu betrachten. Dieses habe bereits früher stattgefunden, da die "Herausforderung Terror" fast eineinhalb Jahre auf dem Tisch gelegen habe und von der EU nicht beantwortet worden sei. Für die Weiterexistenz der NATO sah Wernicke noch weit mehr Fragezeichen: Die Bilanz der militärischen Interoperabilität in Irak und Afghanistan gebe zwar Aufschluss über den großen technischen Nachholbedarf der Europäer. Allerdings gebe es aber auch eine politische Interoperabilität: "Washington muss zum Dialog mit seinen wirklichen Partnern zurückkommen." Wernicke schloss mit der Darstellung der deutschen Perzeption des Irakkriegs als "destruktivem Unilateralismus" und des Wiederaufbaus Afghanistans als "effektivem Multilateralismus". Ansprechpartner |