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N e w s & E v e n t s Eine europäische Gedächtniskultur als Grundstein europäischer Identität?Dr. Lothar Probst, akademischer Rat am Institut für Politikwissenschaft der Universität Bremen, und Dr. Michael Weigl, Forschungsgruppe Deutschland, C·A·P, referierten am 22. Juni 2004 am Centrum für angewandte Politikforschung zum Thema Europäische Identität, regionale Identität und Gedächtniskulturen. 29.06.2004 - Forschungsgruppe Deutschland
Das Thema "Europäische Identität" besitzt angesichts des beschleunigten Integrationsprozesses der europäischen Union - EU-Osterweiterung, EU-Verfassung, anstehende Erweiterungsrunden - eine herausragende Aktualität. Die zunehmende Europäisierung von Öffentlichkeit fordert die bestehenden nationalen Identitäten heraus, das Ziel, eine europäische Identität ausformen zu wollen, wird postuliert. Doch wie kann ein solcher Identifikationsbildungsprozess in Gang gesetzt werden? Auf welche gemeinsamen Erfahrungen und Gedächtniskulturen kann dabei rekurriert werden? Können Grenzregionen aufgrund ihrer geographischen Lage die "natürlichen Vorreiter" der europäischen Idee sein? Im Rahmen eines Panels am C·A·P wandten sich Dr. Lothar Probst und Dr. Michael Weigl diesen Fragen zu. Probst nannte als konstitutives Kriterium für die Bildung kollektiver Identitäten
das Vorhandensein eines zeitlichen Kontinuums. Eine Gedächtniskultur, die sich
aus der Verknüpfung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ergebe, bedinge und
präge eine solche kollektive Identität. Vorhandene Ansätze, welche die
Bildung einer europäischen Identität zu erklären versuchen, kritisierte
er als unzureichend. So widersprach er der These, ein solcher Identifikationsprozess
ergebe sich quasi automatisch aus der ökonomischen Integration der Europäischen
Union, indem er darauf verwies, dass der Euro allein keine kollektive europäische
Identität schaffe. Die Idee, die Vernetzung von Teilöffentlichkeiten und die
damit verbundene "migration of ideas" greife früher oder später
auf die Gesellschaft über, stellte Probst gleichfalls in Frage. Und auch die Sichtweise,
die Stärkung der Unionsbürger über ein handlungsfähiges Institutionensystem
bedinge die Bildung einer kollektiven europäischen Identität, bewertete er
kritisch. Probst zufolge ist dieser Top-Down-Ansatz nicht ausreichend, die Bürger
näher an Europa zu binden. Dr. Michael Weigl griff eben diesen Punkt auf und verwies dabei insbesondere auf ein Projekt der Forschungsgruppe Deutschland des C·A·P, das grenzregionale Identitäten an der deutsch-tschechischen Grenze untersucht. Er bekräftigte die These, dass zur Konstruierung europäischer Identität selbstbewusste regionale Identitäten, welche als Korrektiv nationaler Suprematie dienten, nötig erscheinen. Besonders Grenzregionen könnten dabei aufgrund ihrer geographischen und selbstdefinitorischen Brückenfunktion als Mittler zwischen nationaler und europäischer Identität dienen. Der These, belastete Zeitgeschichte könne als Konstitutiv europäischer Identität dienen, begegnete Weigl dagegen mit Vorbehalt. Dass eine "europäische Identität" wohl nur als Puzzle aller genannten Identitätsgrundlagen konstruierbar sei, bilanzierte abschließend der Leiter des Panels, Prof. Dr. Werner Weidenfeld. Ansprechpartner |