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N e w s & E v e n t s
Bertelsmann Transformation Index
analysiert weltweit Entwicklungs- und Transformationsprozesse
Spitzenreiter bei der Gestaltung des Wandels sind Estland, Litauen, Chile, Botswana
und Mali - Entscheidend sind die Managementleistungen der politischen Eliten
10.05.2004 - Bertelsmann Forschungsgruppe Politik

Prof. Dr. Werner Weidenfeld, Josef Janning, Prof. Dr. Siegmar Schmidt und Prof. Dr.
Hans-Jürgen Puhle bei der Präsentation des Bertelsmann Transformation Index.
Foto: Bertelsmann Stiftung.
Zahlreiche Staaten in allen Erdteilen haben in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte
auf dem Weg zu Demokratie und sozial verantwortlicher Marktwirtschaft erzielt. Gleichzeitig
aber verweigern in einer kleiner werdenden Gruppe von Ländern autoritäre Regime
jeden Ansatz zu politischen und ökonomischen Reformen. Über Erfolg und Scheitern
von gesellschaftlichem Wandel entscheidet das politische Management. Dies ist das Ergebnis
des ersten globalen Transformationsrankings, das die Bertelsmann Stiftung und das Centrum
für angewandte Politikforschung am 7. Mai in Berlin vorgestellt haben.
Von den 116 analysierten Staaten werden in dem neuen Ranking 71 als Demokratien eingestuft,
sechs mehr als im Jahr 1998. 31 von ihnen erhöhten in den vergangenen fünf
Jahren die Qualität und Stabilität der Demokratie. Herausragende Verbesserungen
auf dem Weg zur Demokratie erzielten in den vergangenen Jahren Kroatien, Mali, die Slowakei,
Taiwan und die Türkei.
Auch bei der marktwirtschaftlichen Transformation waren in zahlreichen Staaten positive
Entwicklungen zu erkennen. Besonders bemerkenswert sind dabei die Fortschritte aller
EU-Beitrittskandidaten, angeführt von Ungarn, Litauen und der Slowakei. Zur Spitzengruppe
zählen aber auch viele nichteuropäische Staaten wie Chile, Südkorea,
Taiwan und Singapur. Bestätigt hat die Analyse den Zusammenhang von demokratischer
und marktwirtschaftlicher Entwicklung: Bemühungen um marktwirtschaftliche Effizienzsteigerung
stoßen in autoritären politischen Systemen an enge Grenzen. Umgekehrt benötigen
stabile Demokratien eine solide marktwirtschaftliche Basis.
Eine gelungene Transformation zu Demokratie und Marktwirtschaft ist nicht allein auf
glückliche Umstände oder globale Strukturprozesse zurückzuführen,
sondern das Resultat strategischer politischer Steuerung. "Die Ergebnisse des BTI
belegen", so Professor Werner Weidenfeld, Direktor des Centrum für angewandte
Politikforschung und Präsidiumsmitglied der Bertelsmann Stiftung, "dass der
erfolgreiche Wandel nur durch kluges politisches Management zu erreichen ist. Wenn die
politische Elite zielsicher und effektiv Reformprozesse verfolgt und alle Entwicklungspotenziale
optimal nutzt, kann der erfolgreiche Umbau selbst unter schwierigen Rahmenbedingungen
gelingen."

Teilnehmer der Präsentation, Foto: Bertelsmann Stiftung.
In zehn Staaten sei diese Managementleistung besonders deutlich sichtbar geworden.
Neben vier der neuen EU-Mitgliedstaaten gehören zu dieser Gruppe Chile, Mali, Botswana,
Uruguay, Südkorea und Costa Rica. Die Regierungen dieser Länder agierten höchst
gestaltungsfähig und zielsicher, nutzten ihre Ressourcen effektiv, stützten
ihre Reformpolitik auf einen breiten gesellschaftlichen Konsens und demonstrierten große
Kooperationsfähigkeit auf internationaler Ebene. Im Vergleich dazu zeigten die
Beispiele Venezuela oder Argentinien, wie politische Eliten die Zukunftsfähigkeit
ihrer Länder aufs Spiel setzen, wenn sie trotz relativ guter Voraussetzungen nicht
willens oder unfähig sind, langfristig und strategisch zu planen. In gut einem
Fünftel der untersuchten Länder werden Reformbemühungen systematisch
verhindert. Hierzu gehören Kuba, Nordkorea, Turkmenistan oder Simbabwe.
Insgesamt 45 der 116 untersuchten Staaten werden weiterhin von autoritären Regimen
beherrscht. Das Spektrum reicht hierbei von gemäßigten Autokratien, in denen
Elemente politischer Partizipation und Rechtsstaatlichkeit existieren, über Modernisierungsdiktaturen
bis zu tyrannischen Herrschaftssystemen. Ihr Beharrungsvermögen bleibt außerordentlich
groß. Lediglich in acht Staaten war eine spürbare Ausweitung der politischen
und bürgerlichen Freiheitsrechte festzustellen, allen voran im Golfstaat Bahrain,
daneben auch in Afghanistan, Algerien, Angola, Iran, Marokko, Somalia und Tadschikistan.
Dramatische Rückschritte gab es etwa in der Demokratischen Republik Kongo, der
Zentralafrikanischen Republik und Simbabwe, wo Staatszerfall oder Missmanagement die
gesellschaftlichen Zukunftschancen weiter verringerten. In einigen Staaten wie Singapur,
China, Malaysia und Vietnam haben sich - nur im ökonomischen Bereich und mit unterschiedlicher
Zielstrebigkeit - wandlungsbereite Eliten durchgesetzt, deren politisches Kalkül
nicht allein von Machterhalt und Eigennutz geprägt ist.
Das Ziel des BTI ist die systematische Aufbereitung von Transformationswissen durch
objektive und weltweit vergleichbare Daten. "Die Analyse dieser Vergleichsdaten
erlaubt es, erfolgreiche Strategien des Wandels zu entwickeln und Fehler zu vermeiden",
erläutert Professor Werner Weidenfeld. "Wir schaffen damit Orientierung für
Reformkräfte in vielen Ländern, aber auch für Unterstützer von außen,
die diese Prozesse effizient und zielgerecht begleiten wollen." Politische Entscheidungsträger
können den BTI somit als Indikator ihrer Erfolge und zur Entdeckung ungenutzter
Chancen einsetzen. Der Bertelsmann Transformation Index soll zukünftig im Abstand
von zwei Jahren erstellt werden.
Der erstmals vorgelegte Index ist das Ergebnis einer insgesamt achtjährigen Vorarbeit.
In Zusammenarbeit von Bertelsmann Stiftung und dem Centrum für angewandte Politikforschung
wurde seit 1996 die konzeptionelle Basis entwickelt. Dem BTI-Board gehören zahlreiche
Transformations- und Entwicklungsexperten an. Der numerischen Bewertung des Ranking
liegen detaillierte Ländergutachten zugrunde, die von ausgewiesenen Experten anhand
zahlreicher Indikatoren erstellt wurden. Zweitgutachter kommentierten die Analysen und
nahmen eine weitere, unabhängige Bewertung vor. Die Ergebnisse wurden abschließend
innerhalb einzelner Regionen und im weltweiten Vergleich überprüft. Der Bertelsmann
Transformation Index unterscheidet sich von anderen vergleichbaren Analysen durch die
klare Fokussierung auf die Managementleistung der politischen Entscheidungsträger.
Die Ergebnisse des Bertelsmann Transformation Index sind abrufbar unter: www.bertelsmann-transformation-index.de

Prof. Dr. Werner Weidenfeld und Liz Mohn präsentierten bei einem Besuch in Zagreb
dem kroatischen Ministerpräsidenten Dr. Ivo Sanader Ende Mai die Ergebnisse des
BTI.
Ansprechpartner
Dr. Martin Brusis, Olaf Hillenbrand,
Dr. Peter Thiery
News & Events >>
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Link
Bertelsmann
Transformation
Index
Publikation
Bertelsmann Transformation
Index 2003
Medienspiegel
NZZ, 7. Mai 2004
Der Weg zu Demokratie und Marktwirtschaft
Vermessung des Transformationsmanagements
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