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Europäische Zeitung, August / September 2002

Euro gleich Dollar?

Was Europa aus der amerikanischen
Währungsunion lernen kann

Von Wolfgang Bücherl


Erstmals seit zweieinhalb Jahren kostet am 15. Juli ein Euro wieder einen amerikanischen Dollar. Diesmal könnte sich die Parität der europäischen Währung mit der amerikanischen als eine psychologisch wichtige Marke herausstellen. Nach dem Auf und Ab der letzten Jahre - nach dem Start der Währungsunion mit einem Kurs von 1,18 US-Dollar für den Euro eine Talfahrt bis auf 0,83 US Cent im September 2000 - könnte sich die Parität als das langfristige Mittel einpendeln. Damit wäre - dreieinhalb Jahre nach Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung - ein erster Schritt getan hin zum Status Europas als ein mit den USA gleichwertiger Währungsraum.

Vor allem amerikanische Ökonomen haben stets kritisiert, dass weder ganz Europa noch die Eurozone aus derzeit zwölf Mitgliedsstaaten die Erfolgskriterien eines einheitlichen Währungsraumes wie der USA erfüllten. Es sei vor allem die geringe Mobilität des Faktors Arbeit, die dazu führe, dass wirtschaftliche Einbrüche und damit verbundenen Arbeitslosigkeit in einzelnen Mitgliedstaaten nicht dadurch ausgeglichen werden könnten, dass die betroffenen Arbeitnehmer in andere Staaten des Euroraumes ausweichen würden.

Dabei wird in dieser Diskussionen oft übersehen, dass die Vereinigten Staaten für die Entwicklung ihres einheitlichen Wirtschafts- und Währungsraumes ungleich mehr Zeit hatten als bislang die Europäer.

Obwohl die amerikanische Währungsunion mit der Verfassung im Jahre 1788 begründet wurde, existiert eine Zentralbank im heutigen Sinne erst seit 1914. Die sogenannte Fed, die nicht zuletzt Dank des erhabenden Charismas ihres Präsidenten Greenspan heute fast schon als Urgestein der amerikanischen Institutionen gilt, wurde erst 1913 per Kongreßbeschluß gegründet und begann im Folgejahr ihre Arbeit. Zwar existierten Vorgängerinnen der Fed, doch diese waren Banken im Dienste der Regierung und bestanden nur von 1791 bis 1832. Von Mitte des 19. Jahrhunderts bis Anfang des 20. Jahrhunderts kamen die USA sogar ohne eine Regierungs- bzw. Zentralbank aus. Zudem gab es während des 19. Jahrhunderts im Osten, im Süden und im Westen der zusammenwachsenden Staatsgebildes unterschiedliche Währungsregime.

Auch effektive Mechanismen zum landesweiten Fiskaltransfer wurden in den USA erst im 20. Jahrhunderts installiert. Im Zuge der großen Rezession der 1930er Jahre führten die USA bundesweite Transferleistungen wie Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung und landwirtschaftliche Preisbeihilfen ein. Damit bildeten sie unter den industrialisierten Staaten eines der Schlusslichter.

Selbst in punkto Arbeitsmobilität, wo die Amerikaner den Europäern schon allein wegen der einheitlichen Sprache traditionell im Vorteil sind, herrschten lange Zeit regionale Differenzen. Insbesondere der alte Süden war wegen kultureller und rassischer Differenzen jahrzehntelang weitgehend unbeteiligt an der bundesweiten Migration von Arbeitskräften. Auch hier setzte die Trendwende erst ab der großen Depression der 1930er Jahre ein.

Alles in allem brauchten die USA also von ihrer Gründung 1788 bis in die dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts etwa 150 Jahre, um einen einheitlichen Währungsraum aufzubauen. Natürlich vollzog sich dies unter historisch und wirtschaftlich grundlegend anderen Bedingungen als heute die Entwicklung in Europa. Das amerikanische Beispiel lehrt jedoch, dass ein einheitlicher Wirtschafts- und Währungsraum über die Zeit wächst und von Krisen - wie in den USA in den 1930er Jahren - eine fördernde, weil einigende Wirkung ausgehen kann.


   
           
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Aktualisiert am: 05.12.2002   Impressum | Design by [meteme.de]   Seite drucken | Seitenanfang